Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 3 - Die Rache der Horden by Forstchen William R

Forstchen, William R. - Das verlorene Regiment Bd. 3 - Die Rache der Horden by Forstchen William R

Autor:Forstchen, William R. [R., Forstchen William]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: babylon
veröffentlicht: 2013-05-26T00:00:00+00:00


Kapitel 6

»Er hat die Trompete geblasen.«

John Mina blickte Pat an.

»Die niemals zum Rückzug blasen soll«, sagte Pat leise.

Kai rutschte nervös auf dem Stuhl herum und betrachtete die Lagekarte an der Wand.

»Wie konnten wir die Potomac-Linie nur so schnell verlieren?«, fragte er traurig. Er stand auf und strich mit der verbliebenen Hand die Falten der langen schwarzen Jacke glatt.

»Es war ein Risiko«, antwortete Pat fast abwehrend. »Lee hat 1864 fast die gleiche Frontlänge mit etwa der gleichen Anzahl Truppen gehalten.«

»Fast fünfhundert Kilometer Schienenstrecke und über hundertfünfzig Kilometer Befestigungen – alles verloren«, flüsterte John und schüttelte ungläubig den Kopf.

Am angrenzenden Zimmer blieb die Telegrafentaste nicht stehen. Ein Bursche brachte die jüngsten Meldungen, und Pat las sie schweigend durch, ehe er sie weiterreichte.

»Sind wir vorbereitet?«, fragte Kai schließlich und sah dabei John an.

»Dreißig Lokomotiven mitsamt den Wagen stehen hinter den Linien bereit, um die Soldaten und die Artillerie zurückzuholen. Zum Glück hatten wir entschieden, das Hauptdepot hier in Suzdal zu belassen. Wir verlieren die unmittelbaren Versorgungsgüter, die schon an der Front sind, aber sonst nichts.«

»Aber was wird aus unseren übrigen Plänen?«

John schüttelte den Kopf.

»Wir haben uns am Potomac auf ein Glücksspiel eingelassen und glaubten, noch mindestens zwei weitere Monate Zeit für die Ausweichlinie beim Bahnhof Wilderness Station zu haben sowie für noch stärkere Befestigungen am Oberlauf des Neiper. Wir hatten darauf gezählt, noch wenigstens zwei weitere Korps Infanterie zu haben und weitere zwanzig Batterien Geschütze für die Entscheidungsschlacht Anfang Juli.«

Er legte eine kurze Pause ein und lehnte sich zurück, als grübelte er über ein theoretisches Problem.

»Womöglich verlieren wir Hans’ komplettes Korps«, sagte Pat leise, während er die Meldungen sichtete, die aus dem Hauptquartier des bedrängten dritten Korps eingingen. »Der Bruch ist schon jetzt acht Kilometer tief -nur die Dunkelheit hält die Merki noch auf.«

Pat stand vom Stuhl auf. Er beugte sich über den Tisch, justierte den Docht der Öllampe und blickte Kai an.

»Falls wir sämtliche Männer Kindreds verlieren, dann denke ich nicht, dass wir den Feind noch aufhalten werden«, sagte er leise. »Es geht dort um ein Drittel all unserer Veteranen.«

»Wir verlieren vielleicht sogar, falls wir sie retten«, gab John kalt zu bedenken. »Die Merki erleiden bislang anscheinend verdammt wenig Verluste. Dabei müssten wir ihnen zehnmal mehr Verluste zufügen, als wir selbst erleiden, um siegreich zu bleiben. Ich bezweifle jedoch, dass wir auch nur ein Verhältnis von zwei zu eins erreichen. Sie werden fast noch intakt sein, sobald sie den Neiper erreichen.«

»Was zum Teufel sagen Sie beide da?«, raunzte Kai wütend. »Wir alle waren so verdammt zuversichtlich, dass wir stets siegreich bleiben würden. Jetzt haben wir diese Schlacht verloren, aber es ist nur die erste des ganzen Krieges.«

Pat blickte zu Kai hinab und lächelte.

»Wenn wir mal vom günstigsten Fall ausgehen: können wir die Neiperfront halten?«, fragte Kai und erwiderte Pats Blick.

Der Artillerist zupfte an seinem Bart und runzelte die Stirn.

»Dieser Trick mit der Mole … Wir hätten nie erwartet, dass sie so was tun, aber wir hätten verdammt noch mal damit rechnen müssen!

Die gleiche Nummer werden sie am Oberlauf des Neiper durchziehen. Sie haben hundertsechzig Kilometer Fluss vor sich.



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